Kündigung nach Beleidigungen in sozialen Medien

Ihnen wurde fristlos gekündigt, weil sie in einer privaten Whatsapp-Gruppe Ihren Arbeitgeber oder Mitarbeiter beleidigt haben? So wie im vergangenen Jahr geschehen, als ein Arbeitnehmer den Kollegen schrieb, er hasse „den Laden“ und „die sollen vergast werden“? In jenem Fall meldete ein Mitglied der siebenköpfigen Whatsapp-Gruppe dem Chef das Geäußerte, woraufhin dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt wurde. Später erklärte das Landesarbeitsgericht Hannover die Kündigung jedoch für ungültig. Hätten Sie das bei der Schwere der Beleidigung geahnt? Die Kriterien der Gerichte im Einzelnen zu durchschauen und das Ergebnis der Auseinandersetzung vorherzusehen, ist für Laien schwierig. Wenn Sie in einen ähnlichen Fall verwickelt sind – ob als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber, der beleidigt wurde – wenden Sie sich bitte umgehend an einen Arbeitsrechtler. Er kann Ihren Fall, der immer ganz individuell vor Gericht behandelt wird, besser einschätzen als dies die Betroffenen selbst können.

Freie Meinungsäußerung contra persönliche Ehre und Pflicht zur Rücksicht

Wenn Arbeitgeber oder Kollegen/Kolleginnen durch einen Arbeitnehmer desselben Betriebes beleidigt werden, stehen sich bei diesen Auseinandersetzungen zwei Grundrechte gegenüber. Jeder hat nach Artikel 5, Absatz 1 S. 1 des Grundgesetzes das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Das schützt auch den Arbeitnehmer in seiner freien Meinungsäußerung bezüglich des Arbeitsverhältnisses. Dieses Gesetz stößt aber dann auf seine Grenzen, wenn das Recht der persönlichen Ehre, Artikel 5, Absatz 2 des Grundgesetzes, verletzt wird. Darüber hinaus wird die freie Meinungsäußerung durch die allgemeinen Schranken der Grundsätze von Treu und Glauben und beiderseitigen Rücksichtspflichten im Arbeitsverhältnis eingeschränkt. Im Arbeitsverhältnis gibt es zudem oft Nebenpflichten, die vertraglich gesondert festgehalten wurden und den Arbeitnehmer binden, und zwar ist das die Verschwiegenheits- und Treuepflicht, das Rücksichtnahmegebot auf Vermögen des Arbeitgebers und der Schutz seines Eigentums sowie die vertragliche Forderung, rufschädigende Mitteilungen und Äußerungen zu unterlassen. Die Abwägung, welcher Gesetzesverstoß – Einschränkung der Meinungsfreiheit oder Verletzung der Ehre – überwiegt, nimmt das Gericht dennoch im Einzelfall vor. Obacht ist geboten, einzelne Personen wie den Vorgesetzten durch persönliche Beleidigungen oder durch Diskriminierung herabzusetzen. Ein wichtiges Grundsatzurteil (BAG 10.12.09, 2 AZR 534/08, Abruf-Nr. 166699, schützt jedoch die Arbeitnehmer. Denn auch wenn diese sich in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen äußern, dürfen sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig darauf vertrauen, dass ihre Äußerungen nicht nach außen getragen werden.

Arbeitgeber müssen nicht alle Verbalattacken hinnehmen

Das heißt aber auf der anderen Seite, dass Arbeitgeber fremdenfeindliche oder beleidigende Äußerungen ihrer Arbeitnehmer nicht per se hinnehmen müssen. Das gilt für öffentliche Angriffe am Arbeitsplatz, aber auch für öffentliche Statements im Netz. Wird die persönliche Ehre des Arbeitgebers oder Chefs tangiert, kann der Arbeitgeber sanktionieren, indem er ermahnt, abmahnt und sogar fristgerecht oder fristlos kündigt. Denn wer seinen Arbeitgeber auf Facebook oder auf einer Feier beschimpft oder herabwürdigt, gefährdet den Betriebsfrieden. Damit riskieren Arbeitnehmer – sogar Auszubildende – ihre Stelle. Gerichtsurteile halten nicht immer allen Instanzen stand und werden gelegentlich aufgehoben. Daher ist die Beratung und Vertretung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, der auch die neuere Rechtsprechung in genannten Fällen kennt, von Beginn der Konflikte an oder direkt nach dem Eingang der Kündigung dringend geraten.

Haben Sie Fragen? Sind Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Betroffener in einem ähnlichen Fall? Dann wenden Sie sich gerne an Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Jürgen Schillig, Köln.

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