Verdachtskündigung - Was tun, wenn Ihnen aufgrund eines Verdachts gekündigt wurde
„Ich bin vor dem Gesetz so lange unschuldig, wie mir meine Schuld nicht bewiesen wurde.“ Diesen Spruch kennen wir alle und verlassen uns auf ihn. Schließlich leben wir in Deutschland in einem Rechtsstaat. Das ist zwar grundsätzlich richtig im Strafrecht, verallgemeinern auf andere Rechtsgebiete lässt sich das aber nicht.
So kann es Ihnen passieren, im Briefkasten eine fristlose Kündigung Ihres Arbeitgebers vorzufinden, die er aufgrund eines bloßen Verdachts verfasst hat. Denn beispielsweise im Arbeitsrecht gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung nicht in allen Fällen. Es ist demnach legitim, dass Ihnen gekündigt wird, ohne dass man Ihnen ein bestimmtes Vergehen oder Unterlassungen sicher nachweisen kann. Juristisch handelt es sich hier um die sogenannte arbeitsrechtliche Verdachtskündigung. Das liest sich so: Hat ein Arbeitgeber gegen einen Arbeitnehmer den begründeten Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung seines Arbeitsvertrages und/oder eine Straftat, welche in direkten Bezug zu seinem Arbeitsverhältnis steht, begangen, so ist der Arbeitgeber im Einzelfall möglicherweise berechtigt, dem Arbeitnehmer fristlos zu kündigen, ohne dass überhaupt feststeht, ob dieser Verdacht sich letztendlich als wahr herausstellt oder nicht.
Reagieren Sie sofort, wenn Sie eine solche Verdachtskündigung erhalten haben, indem Sie einen Fachanwalt für Arbeits- und Strafrecht kontaktieren und lassen Sie sich umgehend beraten, was zu tun ist. Werden Sie auf keinen Fall auf eigene Faust tätig und erklären sich unabgestimmt!
Rechtsanwalt Jürgen Schillig ist sowohl Fachanwalt für Arbeitsrecht als auch Fachanwalt für Strafrecht und seit über 25 Jahren als Rechtsanwalt zugelassen.
Verdachtskündigung – gibt es nicht? Gibt es doch!
Im Gegensatz zum Strafrecht, wo ein Gericht feststellen muss, dass ein Vorwurf tatsächlich als bewiesen gilt, ist dies im Arbeitsrecht im Bereich der Verdachtskündigung nicht notwendig. Hier reicht es aus, wenn ein derart schwerwiegender Verdacht gegen einen Arbeitnehmer vorliegt, dass allein das Vorliegen des Verdachts einer Pflichtverletzung oder einer strafbaren Handlung des Arbeitnehmers ausreicht, damit dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten. Der Arbeitgeber darf dann tatsächlich kündigen, gegebenenfalls auch außerordentlich und fristlos.
Diese Verdachtsmomente können zur Kündigung führen
Dem Arbeitgeber ist das Fortsetzen des Arbeitsverhältnisses bei folgenden schweren arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen unzumutbar, wobei dies keine abschließende Aufzählung ist:
- Erschleichen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- Sexuelle Belästigung von Arbeitskollegen (m/w/d)
- Rassistische Belästigungen von Arbeitskollegen (m/w/d)
- Diebstahl am Arbeitsplatz
- Betrug bei der Spesenabrechnung
- Verrat von Geschäftsgeheimnissen, insbesondere gegenüber der Konkurrenz des Arbeitgebers
Der Willkür soll in diesen Fällen Einhalt geboten werden, indem der Arbeitgeber verpflichtet ist, vor Ausspruch der Verdachtskündigung sich schnellstmöglich Informationen darüber verschaffen, ob und inwieweit der Verdacht tatsächlich begründet ist.
Arbeitgeber muss versuchen, die Vorwürfe aufzuklären-aber nicht um jeden Preis!
Diese Pflicht geht so weit, dass der Arbeitgeber ähnlich wie ein Detektiv oder Polizist versuchen muss, die Vorwürfe zu verifizieren. Er muss umfassende Informationen – auch zugunsten des Arbeitnehmers – einholen, um seinen Verdacht zu belegen oder ggf. zu entschärfen. Je schwerwiegender jedoch die angenommene Pflichtverletzung oder Straftat des Arbeitnehmers ist, desto geringere Gründe reichen aus für eine Verdachtskündigung.
Der Arbeitgeber ist in der Regel auch gehalten, den Arbeitnehmer zu den Verdachtsmomenten anzuhören. Gerade beim Durchführen einer solchen Anhörung können beide Teile, Arbeitnehmer und Arbeitgeber erhebliche Fehler machen, die schwerwiegende Folgen für eine mögliche arbeitsrechtliche Kündigungsschutzklage haben. Der Arbeitgeber kann beispielsweise formelle Fehler begehen, wenn er den Arbeitnehmer nicht korrekt zur Anhörung einlädt. Der Arbeitnehmer hingegen macht Fehler, wenn er unvorbereitet zu dieser vielleicht fehlerhaft eingeleiteten Anhörung erscheint und dort Belastendes über sich aussagt, das ihm später zu seinem Nachteil ausgelegt werden kann.
Hat der Arbeitgeber alles Zumutbare und ihm Mögliche getan, um den Verdacht und die dem Verdacht zugrunde liegenden Sachverhaltsmomente aufzuklären, hat der Arbeitgeber eine kurze Überlegungsfrist, innerhalb derer er entscheiden muss, ob er die Kündigung ausspricht oder nicht. Zögert der Arbeitgeber damit zu lange, nimmt die Rechtsprechung automatisch an, dass es dem Arbeitgeber offensichtlich doch nicht so wichtig war, dem Arbeitnehmer zu kündigen und daher das Aufrechterhalten des Arbeitsverhältnisses für ihn zumutbar ist.
Wie bereits erwähnt, muss die mögliche Pflichtverletzung oder die Straftat, auf die sich der Verdacht bezieht, so schwerwiegend sein, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist abzuwarten, bis sich die Angelegenheit geklärt hat, da das Vertrauensverhältnis bereits zerstört ist.
Nicht zögern – umgehend Kündigungsschutzklage einreichen
Kündigt der Arbeitgeber, so ist der Arbeitnehmer dringend angehalten, innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zustellung der Kündigung Rechtsschutz beim zuständigen Arbeitsgericht in Form einer Kündigungsschutzklage einzuholen. Unterlässt er dies schuldhaft, ist es im Allgemeinen zu spät, noch gegen eine solche Kündigung vorzugehen.
Was passiert, wenn sich später – das kann manchmal nach Monaten oder erst nach Jahren sein – herausstellt, dass der Verdacht gegen den Arbeitnehmer sich als falsch erweist? Dies ist für die Rechtsprechung egal. Denn die ursprüngliche Kündigung wegen des bloßen Verdachtes ist, sofern sie vom Arbeitnehmer nicht erfolgreich durch eine Kündigungsschutzklage fristgerecht angefochten wurde, rechtskräftig. Es kommt dann nicht darauf an, ob sich herausstellt – beispielsweise in einem Strafverfahren, das mit einem Freispruch für den Arbeitnehmer endet –, dass er von Anfang an unschuldig war. Das einzig wichtige Kriterium hierbei ist, ob der Verdacht so schwerwiegend war, dass es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden konnte, die endgültige Aufklärung der Angelegenheit abzuwarten.
Verdachtskündigungen – ein Fall für einen Fachanwalt für Straf- und für Arbeitsrecht
Eine Verdachtskündigung berührt also sowohl die Bereiche des Arbeitsverhältnisses als auch die des Strafrechtes. Sie gehen hier ineinander über bzw. überlappen sich. Von Vorteil ist es daher, wenn man, sowohl als Arbeitnehmer als auch als Arbeitgeber, professionelle Hilfe durch einen Rechtsanwalt sucht, der in beiden Rechtsgebieten qualifiziert ist.
Benötigen Sie Hilfe und Vertretung im Bereich der Verdachtskündigung? Wurde Ihnen als Arbeitnehmer eine Verdachtskündigung ausgesprochen? Beabsichtigen Sie, als Arbeitgeber eine Verdachtskündigung wegen eines bestehenden Verdachtes einer schweren Pflichtverletzung oder einer Straftat gegen einen Arbeitnehmer auszusprechen?
Zögern Sie nicht, einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Strafrecht zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.