Betäubungsmittel frei Haus geliefert?!

Ich hatte ja bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass es in letzter Zeit verstärkt zu strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gekommen ist, unter anderem ging es hierbei auch um die aus dem südamerikanischen Dschungel stammende Baumrinde Mimosa Hostilis, die Spuren von LSD enthält. Meinen Mandanten war vorgeworfen worden, sie hätten über das Internet bei einem Händler diese Betäubungsmittel bestellt. Jedenfalls war dies die Annahme der Staatsanwaltschaft.

Auch meine Bedenken hatte ich an anderer Stelle bereits gegen diese Art der Ermittlungstätigkeit bzw. der daraus resultierenden Schlussfolgerungen geschildert. Oft ist es so, dass man bei einem Großhändler erhebliche Mengen von derartigen Betäubungsmitteln beschlagnahmt und in dessen Geschäftsunterlagen (Auftragsbüchern, EDV-gestützte Auftragsverwaltung etc.) Bestellungen für derartige Waren findet. Häufig sind diese Bestellungen nur vorformulierte Texte, die über E-Mail bei dem Großhändler eingehen. Anhand dieser E-Mail-Adressen und der weiteren Daten (zum Beispiel Daten über die Bezahlung, wie zum Beispiel PayPal), die in diesen Bestellungen enthalten sind, werden dann Rückschlüsse auf die möglichen Besteller gezogen, ohne dass in letzter Konsequenz sicher festgestellt werden kann, wem diese Bestellungen zuzuordnen sind bzw.,ob der Inhaber der entsprechenden Mailadrese oder des PayPal Accounts überhaupt derjenige gewesen ist, der die Bestellung getätigt und bezahlt hat.

Auch ist oftmals gar nicht klar, ob die bestellte Ware, die dann nach den beschlagnahmten Unterlagen des Großhändlers an die Besteller ausgeliefert worden sein soll, diesen Besteller, also meinem Mandanten, überhaupt erreicht hatten. Noch weniger ist klar, was überhaupt versendet worden ist.

Bei Betäubungsmitteln ist es für die Ermittlungsbehörden unerlässlich, ein sogenanntes Wirkstoffgutachten in Auftrag zu geben, bei dem festgestellt werden kann, wie hoch der Wirkstoff der entsprechenden verbotenen Substanz (bei der Mimosa Hostilis also das LSD) in der jeweiligen Ware ist. Man kann sich vorstellen, dass bei Ware, bei der der Prozentsatz der entsprechenden Wirkstoffmenge höher ist, es zu einer anderen strafrechtlichen Beurteilung führt als bei Ware, die so gut wie gar keinen verbotenen Wirkstoff aufweist.

Bei den oben genannten Fällen ist es aber in der Regel so, dass überhaupt nicht mehr nachgewiesen werden kann, welchen Wirkstoff die Ware, die dann letztendlich versandt worden ist und die der Beschuldigte angeblich erhalten hat, aufgewiesen hatte. Die Staatsanwaltschaften helfen sich dann teils derart, dass beim Händler sichergestellte Ware überprüft wird und daraus (meines Erachtens nach unzulässig) die Schlussfolgerungen gezogen werden auf den Wirkstoffgehalt, welcher in der Ware gewesen sein soll, die gegebenenfalls Monate vorher versandt worden ist. Die Staatsanwaltschaften machen Sie es sich hier leider meist viel zu einfach.

Eine gute Verteidigung wird all diese Punkte im Vorverfahren, spätestens aber in der Hauptverhandlung zugunsten des Angeklagten vorbringen.

Heute habe ich wieder eine Einstellung für ein derartiges Verfahren erreicht; meine Argumente, die ich oben angerissen habe, hatten das Gericht und die Staatsanwaltschaft jedenfalls dazu gebracht, einer Einstellung des Verfahrens gegen eine geringe Auflage zuzustimmen. Das hat für meinen Mandanten neben dem Umstand, dass das Verfahren relativ schnell ohne weitere Beweisaufnahme (z.B. Zeugenvernahmen) beendet werden konnte, auch den Vorteil, dass ein Schuldspruch nicht erfolgt ist, eine solche Einstellung auch keinerlei Geständnisfunktion beinhaltet und dass eine Eintragung in ein Vorstrafenregister etc. nicht erfolgt.

Wieder einmal hat sich die Erfahrung bestätigt, dass man, wenn man mit einem strafrechtlichen Vorwurf – hier dem Besitz von Drogen (zum Beispiel Mimosa hostilis) – aufgrund einer angeblich vorangegangenen Bestellung per Internet konfrontiert wird, keinesfalls irgendwelche Angaben der Polizei/Staatsanwaltschaft gegenüber machen soll, sondern sich sofort an einen erfahrenen Strafverteidiger und Fachanwalt für Strafrecht wenden sollte.

Bei Rückfragen zu diesem Thema stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.