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Sicher ist sicher – Handy sperren mit Passwort

Die Polizei darf zwangweise dafür sorgen, dass Finger zur Entsperrung des Handys aufgelegt werden müssen.
 
Eine alarmierende Meldung macht zurzeit die Runde: Der Zugriff der Polizei auf die Daten im Handy eines Verdächtigen ist grundsätzlich erlaubt. Die Staatsbeamten dürfen aber dafür die Finger der Beschuldigten unter Zwang auf den Fingerabdrucksensor des Handys legen. Das entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 13.03.2025, Az. 2 StR 232/24).

Jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs räumt der Polizei weitergehende Rechte ein

Anfang 2025 hatte bereits das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Bremen als erstes Oberlandesgericht diese Frage bejaht. Wir haben auf unserer Website im Blog vom April 2023 bereits darüber berichtet, dass nach einem Beschluss des Landgerichts Ravensburg  (LG Ravensburg, Beschl. v. 14.02.2023 – Az.: 2 Qs 9/23) die Polizei Fingerabdrücke eines Tatverdächtigen abnehmen kann, um dann in einem nächsten Schritt Prints mit dem biometrischen Material anfertigen zu lassen und diese zum Entsperren des Handys mit Fingerprintsprerre zu nutzen – sofern es für das Strafverfahren notwendig und angemessen ist.
 
Diese jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs im März 2025 geht noch einen Schritt weiter und räumt der Polizei weitergehende Rechte ein. Der Anlass war folgender: Die Polizei hatte in einer Durchsuchung der Wohnräume eines Angeklagten verfügt, dass der rechte Zeigefinger des Angeklagten durch unmittelbaren Zwang auf den Sensor des Handys gelegt wurde. Dem späteren Argument des Verteidigers während der Verhandlung, dass damit die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten ausgehebelt sowie dessen Recht auf ein faires Strafverfahren untergraben worden sei, folgte der Bundesgerichtshof nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, dass der Beschuldigte sich mit dem Vorgang nicht selbst belastet habe, denn die sogenannte Selbstbelastungsfreiheit schütze nicht vor dem Erdulden von Zwangsmaßnahmen. Dieser Auffassung folgte das Gericht.

Die neuen Entwicklungen sind umstritten

Die zwanghafte Verwendung des Fingers wurde mit einem „Schlüssel“ verglichen, den es in Durchsuchungen herauszugeben gelte. Diese Art Ermittlungsmaßnahme müsse erduldet werden, sie habe mit einer aktiven Mitwirkung an der eigenen Überführung (Freiheit von Selbstbelastung) nichts zu tun.
 
Unter den Anwälten sind diese jüngsten Entwicklungen umstritten. Manche sehen darin eine zu hohe und unangemessene Intensität des Eingriffs seitens der Polizei, zu der diese nicht automatisch bemächtigt sei. Viele fürchten ein Aufweichen des Grundgesetzes. Die Entscheidungen der Richter seien nicht bis zu Ende gedacht, denn: Der Fingerabdruck sei der Anfang – wie werde man künftig damit umgehen, wenn das Smartphone von den Ermittlern vors Gesicht des Verdächtigen gehalten wird und die Person nicht mitwirkt und Grimassen zieht?  Grundsätzlich ist ja ein Beschuldigter nicht verpflichtet, seiner eigenen Überführung mitzuwirken. Dies ist grundgesetzlich garantiert! Mit dieser Entscheidung wiederum nimmt die grundrechtliche Debatte ganz neu Fahrt auf.

Biometrische Entschlüsselung deaktivieren und auf althergebrachte Passwörter/Pins zurückgreifen

Andere sprechen hingegen von einer zulässigen Handlung, denn der Gesetzgeber wolle einen weitreichenden, dem jeweiligen Stand der Technik im Rahmen neuer Entwicklungen angepassten Handlungsspielraum mit Blick auf die zulässigen Ermittlungsmöglichkeiten einräumen.
 
Um sich Schwierigkeiten zu ersparen, raten vielen Anwälte, die Fingerabdrucksperre und jede andere biometrische Entschlüsselung zu deaktivieren und auf althergebrachte Passwörter/Pins zurückzugreifen. Solange die Gerichte körperliche Gewalt oder sonstige Zwangsmittel, die daraufhin abzielen, die im Gedächtnis des Beschuldigten hinterlegten Pins/Passwörter gewaltsam in Erfahrung zu bringen, nicht legitimieren, scheint dies die sicherste Möglichkeit zu sein, den Inhalt eines Mobiltelefones oder eines sonstigen mit einem Passwort zu schützenden Datenträgers vor dem Zugriff Dritter zu sichern.